Kühe auf der Autobahn, Abfall wohin man auch schaut, überfüllte Busse und Züge, unbeschreibliche Armut, wunderschöne Saris.
Dies ist mein erster Eindruck von Indien.
Dank Inge Büchel, der ersten Präsidentin des Hilfswerk Liechtensteins, und ihren indischen Freunden hatten wir die Möglichkeit, ein Indien fernab von Touristenströmen kennen zu lernen. Faszinierend und schockierend zugleich. Besonders wird mir aber die Gastfreundschaft und Liebenswürdigkeit dieser Menschen in Erinnerung bleiben.
Mit vielen unbeschreiblich schönen Erlebnissen kehren wir nach Hause zurück. Wir durften erleben, was echte Missionsarbeit bedeutet. Wir sind tief beeindruckt vom Wirken der Priester und Ordensleute, gehören sie doch zu jenen 3% Christen in Indien, die 90 % der sozialen Arbeit leisten und oft die einzige Hilfe für die notleidende Bevölkerung sind. In diesen 17 Tagen konnten wir viele beeindruckende Orte besuchen:
Einige Projekte erhalten schon viele Jahre finanzielle Unterstützung vom Hilfswerk Liechtenstein. Spontan haben wir während unserer Reise ein neues Projekt ins Leben gerufen – Patenschaften für Sklavenkinder. Anlass dazu gab uns die Erzählung eines Priesters, von dem wir erfahren haben, dass er unter grosser Gefahr Sklavenkinder befreit. Sieben Kinder konnte er bereits retten und sie der Obhut von Ordensschwestern übergeben. Inge, Bettina und Jessica werden die ersten Paten sein.
Bericht von Bettina Pelger
31. Oktober Home of Street Children Mumbai
In Mumbai besuchten wir das ‚Home of Street Children‘ mit den drei Häusern Koperkhairane, Vaduz und Florin. Zwei Häuser wurden vom Indienhilfswerk Hilfe zur Selbsthilfe beim Bau untersützt, deshalb der Name Florin (Kirchenpatron von Vaduz). Seit vielen Jahren unterstützt das Hilfswerk Liechtenstein die Arbeit der Paters der Jan Vikas Society mit Spenden, die den Strassenkindern ein liebevolles Zuhause, eine Schulbildung und damit eine Perspektive für eine bessere Zukunft ermöglicht.
1. November Behindertenheim Snehalaya Wagholi
Das Behindertenheim Snehalaya in Wagholi, Pune,ist ein Zuhause für psychisch und physisch behinderte Kinder.
Pater Sunny und eine ganze Schar von celebral und geistig behinderter Kinder haben uns mit viel Umarmungen und lachend empfangen.
Snehalaya wurde vor über 20 Jahren auch mit Hilfe aus Liechtenstein, besonders mit Hilfe der Pfarrei Balzers, gebaut. Seitdem vermitteln wir dort auf Initiative von Inge Büchel Patenschaften. Sie hat eine starke Beziehung zu den Kindern. Vor 4 Jahren hat sie dort sogar für 3 Monate unterrichtet. Die Schüler haben sie sofort wieder erkannt und Inge war ganz glücklich, was für Wahnsinns Fortschritte die Kinder gemacht haben.
Mehr zu: Behindertenheim Snehalaya
2. November Maher Ashram, Frauenhaus
Begonnen hatte alles 1991 mit einem Vorfall von häuslicher Gewalt: Eine im siebten Monat schwangere Frau erbat Hilfe von Schwester Lucy, weil ihr Mann gedroht hatte, sie umzubringen, wenn sie noch einmal nach Hause käme, denn er hätte inzwischen eine Neue. Die katholische Nonne konnte der Frau damals keinen Unterschlupf gewähren, weil die Regeln des Konvents dies nicht erlaubten und die Frau zudem eine Hindu war. Nachdem die Schwangere nach Hause zurückgekehrt war, setzte ihr Mann seine Drohung in die Tat um, übergoss diese mit Benzin und zündete sie an. Weder die Frau noch ihr Kind konnten gerettet werden. Schwester Lucy wurde von schweren Schuldkomplexen und Selbstvorwürfen geplagt bis hin zu Depressionen. Auf Anraten ihrer Freude wandte sie sich an einen katholischen Priester, der ihr riet, dass sie diese Zustände nur selber ändern könne – statt auf Hilfe zu warten.
46 Heime in ganz Indien entstehen.
Inge lernte Lucy vor ein paar Jahre persönlich kennen. Deshalb besuchten wir heute das Haus „Maher“ in Pune. Ein Haus für arme und missbrauchte Frauen und Kinder. Weil es in Indien keine öffentlichen Heime gibt, ist Maher auch ein Zuhause für alte, sowie psychisch und geistig kranke Menschen. Viele von den 350 Bewohner kommen direkt von der Strasse, auf der sie viel Elend erfahren mussten. Wenn sie ankommen, sind viele von ihnen in einem sehr schlechten körperlichen und psychischen Zustand und werden langsam zurück ins Leben gebracht. Die Assistentinnen von Lucy leisten täglich eine unglaubliche Arbeit, damit die Bewohner im Heim ein menschenwürdiges Leben führen können.
5. November Slums von Neu Delhi
Mit keinen Worten kann die unglaubliche Armut und das tägliche Elend in den Slums Indiens beschrieben werden. Darum lassen wir dieses mal nur die Bilder sprechen. Bischof Barnabas, der uns schon zweimal im Hilfswerk besucht hat, zeigte uns, wie er das Elend zusammen mit seinen Schwestern und Helfern zu lindern versucht.
Es freut uns sehr, dass wir seine Arbeit mit finanziellen Spenden unterstützen können
5. November Charity Dance
Charity Dance in einer Schule in den Slums von Neu Delhi.
6. November Besuch eines Lepra- und HIV-Zentrums
Besuch eines Lepra- und HIV-Zentrums
Absterben der Extremitäten – das sind die furchtbaren Folgen von Menschen, die an Lepra erkrankt sind. Heute besuchten wir die Leprastation in Nimbhora, welche vor 50 Jahren von den MSFS-Patres (Missionaren vom Heiligen Franz von Sales) aufgebaut worden ist. Diese Menschen werden in der Gesellschaft geächtet. Heute wohnen hier 25 ältere kranke Menschen.
Auf dem selben Areal in einem Nebengebäude wohnen noch 15 Kinder, welche mit dem HIV Virus infiziert sind. Die Meisten davon sind Waisen. Pater John, der Leiter des Zentrum, konnte erreichen, dass diese Kinder in die reguläre Schule gehen können.
Alle werden liebevoll von den Ordensschwestern umsorgt.
Die MSFS-Patres Cyriac und Francis aus Chur, welche eine gute Beziehung zum Hilfswerk haben, renovieren nach und nach mit Spenden ihrer Pfarrei die Gebäude.
Wir freuen uns, dass Pater Francis zufällig zur gleichen Zeit anwesend ist.
9. November Besuch bei Bischof Lumen
Wir melden uns aus Agartala, einer kleiner Stadt nordöstlich von Indien. Ganz anders als das Indien, das wir bereits gesehen haben.
Hier treffen wir Bischof Lumen. Er ist der Präsident von Caritas Indien und hat damit eine unglaublich grosse Aufgabe. Er nahm sich extra zwei Tage Zeit, um uns seine Missionsarbeiten im Staat „Tripura“ zu zeigen. Inge pflegt mit Bischof Lumen eine langjährige Freundschaft. Er war auch schon öfters in Liechtenstein und besuchte das Hilfswerk Liechtenstein.Wir haben euch einiges zu berichten aus dem tiefsten Dschungel Indiens, wo sich bestimmt kein Tourist verirrt.
Nach stundelanger Fahrt erreichten wir die Schule von den Steyler Missionaren. Man kann sich nicht vorstellen, wie dort, irgendwo in der Pampa, eine Schule vor 20 Jahren gebaut wurde. Sie mussten zum Beispiel zuerst einen Hügel „von Hand“ entfernen, damit sie überhaupt ein Gebäude bauen konnten. Die Schule wurde für die Ureinwohner Tripuras, den sogenannten „Tribles“ gebaut. Die ältere Generation von ihnen kann weder schreiben noch lesen. Sie haben keinen Kontakt zur Aussenwelt und haben keine sozialen Kompetenzen. Das einzige, was sie haben, ist das was die Natur so hergibt. Die Schule will den Kindern aber die Möglichkeit geben, dies alles zu lernen, damit sie eine Perspektive für die Zukunft haben. Als wir in der Schule ankamen, war von fehlenden Kompetenzen aber keine Spur. Wir wurden so herzlich empfangen, dass wir wortwörtlich von den ganzen Kinder überrannt wurden. Wir durfen noch in den Unterricht hineinschauen und mit den Kindern reden. Sie waren sehr interessiert, weil sie praktisch noch nie weisse Menschen gesehen haben. Die Schule wird von den Priesten und Schwestern von ‚Holy Cross‘ geleitet und uns wurde wieder einmal bewusst was für eine tolle Arbeit die Missionare machen, damit Kinder in dem ärmsten Gegenden der Welt eine Chance auf Bildung haben.10. November Besuch der Don Bosco Schule
Bischof Lumen nahm sich heute wieder den ganzen Tag Zeit für uns. Wir durfen Ihn zur Eröffnungsfeier eines Sportanlasses zur Don Bosco Schule begleiten. 2000 Schüler gestalteten den Anlass. Danach gingen wir in die Gehörlosenschule von Agartala. Taube Kinder vom ganzen Staat Tripura werden hier gefördert.
Geografiestunde über Liechtenstein
13. November Kalkutta
“Das Gebet nützt der ganzen Welt, denn der Frieden beginnt zu Hause und in unseren eigenen Herzen. Wie können wir Frieden in die Welt bringen, wenn wir keinen Frieden in uns haben?“
Das sagte einst Mutter Teresa. Wir machen uns auf Spurensuche der Heiligen in Kalkutta. Die Albanerin mit indischer Staarsbürgerschaft lebte dort bis zu Ihrem Tod 1997. Im gleichen Haus befindet sich auch ihr Grab. Mutter Teresa war ein starker Gegner von Abtreibungen. Sie gründete als Missionarin der Nächstenliebe ein Heim für Kinder und Babys, welche nicht von den Müttern aktzeptiert wurden und auf den Strassen Kalkuttas ausgesetzt worden sind. Mutter Teresa hat ein grosses Herz für alle Armen, Kranken und Obdachlosen und setzte alles daran, Menschen von der Strasse zu holen. Sie ist ein Vorbild für viele auf der Welt.
Am Nachmittag schauten wir die Stadt an mit dem grössten Hindutempel von Kalkutta, Hare Krishna Tempel und vieles mehr.
14. November Inge Büchel verabschiedet sich von Indien
Die St. Joseph School der MSFS-Patres in Kurla (West) Mumbai mit ihren 2700 Schülern, ist die letzte Station unserer Indienreise. Tiefe Eindrücke hinterlassen die herzlichen Empfänge und Gastfreundschaft. In praktisch jedem Haus wurden wir mit Blumen, oder Gesang und Tänzen der Kinder empfangen.
Ich darf nun mit grosser Dankbarkeit mein Netzwerk der letzten 23 Jahre in die Hände von Bettina Pelger, Präsidentin des HWL legen.
Mein Einsatz für die Menschen hier, hauptsächlich für benachteiligte Kinder, hat mein Leben nachhaltig geprägt und bereichert.
Durch die Spontanität und Liebenswürdigkeit der Kinder, fiel es mir leichter, Bettina und Jessica mit dem „Indien-Virus“ anzustecken!
Es ist schön und befreiend etwas loslassen zu dürfen, wenn warme Hände es in Empfang nehmen. DANKE Bettina und Jessica, dass ich euch meine Freunde vorstellen durfte. Sie sind nun auch eure Freunde!
Viel Freude und Gottes Segen in der neuen Aufgabe wünscht euch Inge.
14. November Bettina Pelger
Unsere Reise geht zu Ende und mit vielen unbeschreiblich schönen Erlebnissen kehren wir nach Hause zurück. Dank unserer indischen Freunde hatten wir das wunderbare Privileg, ein Indien abseits der Touristenströme kennen zu lernen.
Der unbeschreiblich chaotisch, aber trotzdem funktionierende Verkehr, die allgegenwärtige bittere Armut eines grossen Teiles der Bevölkerung und die für uns nicht zu verstehenden ‚Abfallsünden‘ haben sich bei mir tief eingeprägt. Besonders aber wird mir die Gastfreundschaft und die Liebenswürdigkeit der Menschen in Erinnerung bleiben.
Ich durfte erfahren, was Missionsarbeit bedeutet und kehre tief beeindruckt vom Wirken dieser (Missions-)Priester und Ordensfrauen zurück. Unter schwierigsten Bedingungen leisten sie Unglaubliches. Gehören gerade auch sie zu diesen 3 % Menschen in Indien (Christen), die 90 % der sozialen Arbeit verrichten und damit vielen Indern ein besseres Leben ermöglichen oder Menschen aus dem Elend holen.Ich bin dankbar, dass das Hilfswerk Liechtenstein mit finanziellen Unterstützungen die Arbeit dieser Priester und Schwestern unterstützt kann.
Tief betroffen hörten wir die Erzählungen eines Priesters in Delhi, der unter grosser Gefahr sogenannte Sklavenkinder aus den Händen ihrer Peiniger befreit. Eine Mafia, die bis in die höchsten politischen Ränge reicht, benutzt diese Kinder wie eine Wegwerfware, die nicht davor scheut, ein totes Kind in einem Abfallsack zu entsorgen (hat er selbst miterlebt). Sieben Kinder sind bereits gerettet und leben nun in Obhut von Ordensschwestern.
Gerne möchten wir für unsere bestehenden Patenschafts-Projekte neue Paten finden:
Für ein physisch und psychisch behindertes Kind in Snehalaya (CHF 50.-/Mt.)Mehr zu: Behindertenheim Snehalaya
Für Strassenkinder in Odisha, einer der ärmsten Gegenden Indiens (CHR 20.-/Mt.)Mehr zu: Strassenkinder Odisha
Am Schluss möchte ich Inge von Herzen für ihr Vertrauen und die gemeinsamen Tage danken. Wir haben eine wunderschöne und bereichernde Zeit miteinander verbringen dürfen.
Das Hilfswerk Liechtenstein wird sich mit Freude weiterhin für dieses Land einsetzten, das noch so sehr unserer Unterstützung bedarf.
Bettina Pelger-SprengerLetzte Impressionen aus Indien