Angefangen hat alles 1981 mit dem Weihnachtsaufruf der Landesfürstin Gina. Darin bat sie um Hilfe für Polen, das sich in dieser Zeit in einer anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Krise befand. Das war der Beginn einer Hilfsaktion, bei der einzelne Frauen und Frauengruppen ‚Liebesgabenpakete‘ zusammenstellten und auf eigene Rechnung an Privatadressen nach Polen schickten. Zuerst waren es nur einzelne Adressen. Danach folgte eine Flut von Bittbriefen, auf die wieder mit Paketen geantwortet wurde.
Die Frauengruppe Gamprin, die massgeblich an den Hilfsgütersendungen beteiligt war, hat die Regierung auf den wachsenden Umfang aufmerksam gemacht und stellte 1983 das Gesuch für die Übernahme der Portokosten der Privatpakete nach Polen. Das Gesuch wurde bewilligt und davon profitierte die ganze Bevölkerung; mindestens zweimal im Jahr bestand die Möglichkeit ‚portofrei‘ Pakete per Post nach Polen zu senden. Die Kostenübernahme war der Startschuss für grösser angelegte Sammelaktionen.
Arme Familie in Polen
Kleiderberge
Zuerst in Gamprin, dann in Triesen wurden Kleidersammlungen durchgeführt. Das Ergebnis war für die Frauen überwältigend: sie sind im Kleiderberg fast erstickt. Der Paketversand wurde bis 1986 weitergeführt. In diesem Jahr lehnte die Regierung eine weitere Übernahme der Portogebühren aus Kostengründen ab und schlug dafür die finanzielle Unterstützung von Hilfsgütertransporten per LKW nach Polen vor. Daraus ist die Polenhilfe Liechtenstein entstanden, die nun gemeinsam von Ober- und Unterland organisiert wurde.
Durch die grosse Nachfrage und das Übermass an Spenden war an ein Aufhören nicht mehr zu denken. Immer mehr Frauen wurden als Helferinnen benötigt, die aus allen Gemeinden kamen. 1987 ist die Zahl der freiwilligen Helferinnen auf fast 200 gestiegen.
LKW beim Hilfswerk Liechtenstein
Aus Polenhilfe wird Hilfswerk Liechtenstein
Das Ausmass der Sammlungen und Transporte nahm bald einmal überhand und es musste nach neuen Lösungen gesucht werden. Der damalige Regierungschef Hans Brunhart hat den Rat gegeben, einen Verein zu gründen, damit die Regierung bessere finanzielle Hilfe erbringen kann.
Dies wurde dann im Juni 1988 umgesetzt: 25 Frauen aus allen Gemeinden, im Alter von 30 bis 60 Jahren, trafen sich zu einem Seminar auf ‚Stein-Egerta‘, wo ihnen Dr. Franz Heeb als Geburtshelfer zu Seite stand. Es waren berufstätige und teilzeitbeschäftigte Frauen dabei; die meisten waren aber Hausfrauen, deren Kinder sie nicht mehr so stark beanspruchten. Sie alle waren bereit, einen Verein zu gründen, der einmalig in der Geschichte Liechtensteins ist.
Es war kein leichtes Unterfangen. Sie konnten bei keiner anderen Hilfsorganisation um Rat anfragen. So etwas, was sie sich vorstellten, gab es bislang noch nirgends.
Umladen von LKW auf Heuwagen
Gründungsversammlung
Am 7. Dezember 1988 war es dann soweit. Am Vortag des Feiertages „ Maria Unbefleckte Empfängnis“ wurde das Hilfswerk Liechtenstein gegründet. Dieser Tag wurde bewusst gewählt, weil sie ihr Tun unter den Schutz der Gottesmutter gestellt haben wollten.
73 Personen, fast ausschliesslich Frauen, kamen in der Stein-Egerta in Schaan zusammen, um aus der früheren losen Freiwilligen-Vereinigung „Polenhilfe Liechtenstein“ das „Hilfswerk Liechtenstein“ zu gründen: unter gleichen Voraussetzungen, wie sie zuletzt bestanden, aber in der rechtsverbindlichen Form eines Vereins und unter statutarischer Festlegung jener Zielsetzung, die sich bis zu diesem Tag entwickelt hatte. Inge Büchel aus Balzers wurde zur ersten Präsidentin gewählt.